vom 29. 9. 2001

Die Tiere im Damwildgehege in Leiberstung kennen keine Scheu vor Besuchern.
Die Tiere im Damwildgehege in Leiberstung kennen keine Scheu vor Besuchern. Foto: S. Adam
 
BT-Serie "Mein schönster Platz" (Teil VI) / Perfekte Idylle im Leiberstunger Damwildgehege
Brautschau der Hirsche steht bevor
 
Von BT-Mitarbeiterin Sonny Adam
 
Leiberstung — Nur knapp zwei Kilometer von der Autobahn entfernt liegt Leiberstung - ein kleiner Ort, der seit dem 1. Januar 1973 zur Gemeinde Sinzheim gehört und in dem die Welt noch in Ordnung ist. Industrie gibt es in Leiberstung nicht, nur ein paar kleine Handwerksbetriebe und Dienstleistungsunternehmen.
 
Die zurzeit 836 Einwohner des Dörfchens arbeiten in den umliegenden Städten und Gemeinden. Manche haben eine kleine Nebenerwerbslandwirtschaft - als Hobby. Doch damit sind die Leiberstunger zufrieden. Wegziehen will aus dem Ort, in dem jeder jeden kennt, niemand. Leiberstung ist Idylle pur. Hier ist die Luft noch unverdorben. Die Kinder können zu Fuß in die Schule gehen. Es gibt eine Kirche mitten im Dorf und ein gemütliches Wirtshaus. Eine neue Mehrzweckhalle wird gerade gebaut.

Kurzum: Der Ort blüht - auch im wörtlichen Sinne. Die Häuser sind mit Blumen geschmückt. In den Vorgärten blühen kunterbunte Astern. Nicht umsonst hat Leiberstung schon dreimal den ersten Preis beim Wettbewerb "Unser Dorf soll schöner werden - unser Dorf hat Zukunft" gewonnen.

Nur knapp 50 Meter vom Ortszentrum entfernt liegt das Damwildgehege. 29 Kälber, die in diesem Jahr geboren wurden, spazieren in dem sechs Hektar großen Gehege herum. 48 Muttertiere und neun Spieser. Spieser sind männliche Damhirsche, die im vergangenen Jahr zur Welt kamen. Sie haben schon ein kleines Geweih. Außerdem sind noch 21 Schmaltiere in dem Damwildgehege zu Hause. Das sind weibliche Tiere, die im letzten Jahr geboren worden sind.
Scheu oder schüchtern ist das Damwild überhaupt nicht, im Gegenteil: Besucher, die regelmäßig kommen, werden von den Tieren "persönlich begrüßt". Manche lassen sich sogar die Nase kraulen oder streicheln.

Sobald sich jemand dem Gatter nähert, kommen alle angestürmt - die stolzen Hirsche mit den prächtigen Geweihen vorneweg, denn "Gentlemen" gibt es im Tierreich nicht. Wer zuerst kommt, frisst zuerst, lautet hier die Devise. In Wirklichkeit ist der Grund für die Begeisterung des Damwildes für Menschen natürlich nicht die Sehnsucht nach Streicheleinheiten, sondern schlicht und einfach die Hoffnung, dass es Futter gibt. Horst Koch oder einer der ehrenamtlichen Mitarbeiter bringen tagaus, tagein Heu und Hafer ins Gehege. Im Sommer stehen auch Gerste und Mais auf dem Speiseplan.

Die absolute Show liefern sich die Hirsche. Sie sind ab Mitte Oktober wieder auf Brautschau. Dann beginnt die Brunftzeit. Für Besucher ist das der interessanteste Zeitpunkt, um das Damwild zu beobachten, denn dann röhren die Hirsche. Sie kämpfen erbittert um das schönste Weibchen. Und der stolzeste und stärkste Damhirsch gewinnt.

Das junge Damwild kommt dann im Juni oder Juli zur Welt. Die kleinen sind lustig getupft. "Manche sind aber auch dunkelbraun, fast schwarz", erklärt Fachmann Horst Koch. Er kennt die Tiere alle - von Anfang an. Die ersten 22 Tiere kamen aus der Pfalz, erinnert er sich. Sie wurden eigens importiert. Inzwischen besteht die Herde ausschließlich aus badischem Damwild. "Jedes Jahr müssen wir ein paar Tiere rausschießen", gibt Horst Koch zu. In diesem Jahr werden es rund 25 Tiere sein. Geschossen wird Damwild, wenn es zwischen 14 und 18 Monate alt ist. Dann ist das Fleisch am zartesten.

Für die Zukunft hat Horst Koch große Pläne. Wenns nach ihm geht, würde er das Damwildgehege gerne vergrößern. "Fünf bis sechs Hektar mehr wären ideal", meint der Experte. Dann könnte der Tierbestand weiter aufgestockt werden. Und noch mehr Hirsche könnten röhren.