vom 26.4.2008

Betreiber des Fahrsicherheitszentrums entschuldigt sich bei Anwohnern für "betrüblichen Start" 2006
Landrat: "Ein Schritt nach vorne"

Das Podium mit Hans Metzner, Jörg Peter, Landrat Bäuerle, Rüdiger Franke und Volker Scheck (v.r.). Links stehend Christian Hettich.
Das Podium mit Hans Metzner, Jörg Peter, Landrat Bäuerle, Rüdiger Franke und Volker Scheck (v.r.). Links stehend Christian Hettich.

VON GEROLD HAMMES

Rheinmünster - In der Auseinandersetzung zwischen den Betreibern des Fahrsicherheitszentrums im Baden-Airpark und den Anwohnern ist die Phonzahl deutlich moderater geworden. Bei einer Informationsveranstaltung am Donnerstagabend im Schulungszentrum des LuK-Driving-Centers räumte der geschäftsführende Gesellschafter Volker Scheck einen "betrüblichen Start" im Frühjahr 2006 ein. "Dafür möchte ich mich auch entschuldigen", sagte er vor allem an die Adresse der zahlreich erschienenen Schiftunger Bürger.

20 weiße Porsche flankierten den Eingangsbereich zum Schulungszentrum, was einen Bürger zu der Frage veranlasste: "Sind die für uns als Entschädigung für den vielen Lärm?"

Landrat Jürgen Bäuerle rekapitulierte kurz die "schweren Stunden" nach der Inbetriebnahme des Fahrsicherheitszentrums, das zweimal die Verwaltungsrichter beschäftigte und ihm sowie seinem StelIvertreter Jörg Peter Dienstaufsichtsbeschwerden einbrachten, die sich jedoch als unbegründet herausstellten. Die im zweiten Halbjahr 2007 eingeleiteten Maßnahmen zur Lärmreduzierung stimmten Bäuerle optimistisch, "dass wir einen modus visendi finden können".

Auch Rüdiger Franke, Sprecher des Fahrsicherheitszentrums, räumte den "missglückten Start" ein, konnte aber zusammen mit Volker Scheck auch von Modifizierungen bei der künftigen Ausrichtung des Testbetriebs berichten. So werde der Anteil an Motorradveranstaltungen auf unter 20 Prozent zurück- und der Anteil an Trainings mit Personenwagen von Premiumherstellern wie Porsche, BMW, Audi oder Mercedes auf über 70 Prozent hochgefahren.

Scheck, der das Söllinger Fahrsicherheitszentrum auf dem nationalen wie internationalen Markt bereits als "feste Größe" etabliert sieht, beleuchtete auch die volkswirtschaftliche Bedeutung seiner Anlage für die Region. Von den 4 500 Fahrsicherheitstest-Buchern im Jahr 2007 hätten 3 000 zwei Nächte und mehr in Mittelbaden erbracht. Im kommenden Jahr werde Toyota mehrere Wochen das Driving-Center buchen. Von dem Gesamtpaket in der Größenordnung von 15 Millionen Euro würden zehn Millionen in der Region bleiben.

Den guten Willen um ein ordentliches nachbarschaftliches Verhältnis machte Scheck auch an weiteren Maßnahmen zur Lärmeinbremsung fest. So würden für Motorradveranstaltungen nur noch BMW München und die Motorradpresse Stuttgart zugelassen.

Andere Anbieter, die in der Vergangenheit mit "reißerischen Aufmachungen Im Internet" die Motorradfreaks angelockt hatten, bekämen keine Zulassung mehr. Potenzielle "schwarze Schafe" (Scheck) mit manipuliertem Untersatz sollen künftig durch Eingangskontrollen der Maschinen beziehungsweise durch Messungen während des Testbetriebs aus dem Verkehr gezogen werden.

Anwohner, aber auch Behördenvertreter lauschen den Informationen und beteiligen sich an der Diskussion zu den Lärmemissionen aus dem LuK-Driving-Center. finden können".
Anwohner, aber auch Behördenvertreter lauschen den Informationen und beteiligen sich an der Diskussion zu den Lärmemissionen aus dem LuK-Driving-Center. finden können". Fotos: G. Hammes

Christian Hettich, Ingenieur für Bauphysik und Akustik, der auf Veranlassung des Landratsamts und auf Kosten des Betreibers im September 2007 Lärmmessungen vorgenommen hatte, konnte keinerlei Überschreitungen der Grenzwerte jenseits der Technischen Anleitung (TA) Lärm feststellen. Auch die Gewerbeaufsicht des Landratsamts Rastatt hatte mehrmals einen großen Lauschangriff gestartet. Wie deren Leiter Karl-Heinz Wagner erläuterte, habe es nie Überschreitungen gegeben

"Auswüchse an den Sonntagen nerven"

Für Claus Krieg, Mitglied der Schiftunger Bürgerinitiative, konnten diese Messergebnisse nicht verwundern: "Kaum waren die Geräte abgebaut, ging der Lärm - schwuppdiwupp - erst richtig los." Vor allem "diese Auswüchse an Sonntagen" würden nerven. Unter dem Applaus seiner Mitbewohner kündigte er an: "Wir werden auch weiterhin auf die Barrikaden gehen!"

Rüdiger Franke bestritt, dass die Emissions-Messtermine dem Betreiber oder gar den Motorradfahrern bekannt gewesen seien. Es werde jedoch überlegt, die Motorradveranstaltungen an Sonntagen zu kontingentieren.

Andernfalls, befürchtete ein weiterer Schiftunger, werde der Ort "ausbluten". Aktuell stünden zwei Häuser zum Verkauf, aber niemand zeige aufgrund der Umstände Interesse.

Der Erste Landesbeamte Jörg Peter widersprach unterschwelligen Behauptungen, wonach sich das Landratsamt bei der Betriebsgenehmigung habe über den Tisch ziehen lassen. Das Bebauungsplansverfahren habe der Zweckverband Regionalflughafen mit Gewerbepark eingeleitet, danach seien die Pläne öffentlich ausgelegt worden, auch in Sinzheim. Widersprüche habe es nicht gegeben. Nach einer weiteren Prüfung durch das Regierungspräsidium, so Peter, habe das Landratsamt "keinen anderen Ermessensspielraum gehabt", als die Genehmigung zu erteilen. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe und der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hatten spätere betriebliche Einschränkungen für "rechtlich bedenklich" erklärt und verworfen.

Jürgen Bäuerle zeigte sich am Ende der gut zweistündigen Veranstaltung optimistisch, "dass wir 2008 einen weiteren Schritt nach vorne gehen können". Er lobte die "Qualität der Diskussion" trotz eines emotionalen Themas.

Danach machten sich auch die Schiftunger wieder auf den Heimweg - viele mit dem Rad, nicht einer in einem Porsche.
· Apropos

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Schnitzel und Freibier

Der Bleifuß ist (zunächst einmal) vom Gaspedal. Und das Ist gut so. Von ersten. zarten Bremsspuren konnte ohnehin niemand ausgehen. Dafür waren die verbalen
Drehzahlen der vergangenen knapp zwei Jahre zu hoch und zu schrill. Und doch war es, um etwas aus dem Bild zu fallen, höchste Eisenbahn, dass die Betreiber des Söllinger Fahrsicherheitszentrums und die lärmgeplagten Anwohner, vornehmlich aus Schiftung, endlich einmal zusammenfinden und nicht nur über die Medien oder Rechtsanwälte mit- und übereinander kommunizieren.

Es ehrt den geschäftsführenden Gesellschafter des Fahrsicherheitszentrums Baden-Airpark GmbH & Co. KG. Volker Scheck, dass er den verkorksten Start am Fronleichnam 2006 auf seine Kappe nahm und Besserung gelobte. Ja, es verdient auch Respekt, dass er sich hei seinen Nachbarn für den "heftigen und nicht besonders geglückten Betriebsablauf, auf den wir nicht sonderlich stolz sind", entschuldigte.

Viel Lärm also um nichts? Nicht ganz. Noch immer sollen auch sonntags Motorräder über den Parcours röhren, allerdings unter Auflagen und in Regie seriöser Veranstalter. Vollgas- und Bruchpiloten werden also weiterhin auf die Schwarzwaldhochstraße ausweichen müssen, werden aber auch dort von der Polizeidirektion gottlob immer häufiger ausgebremst.

Entscheidenden Anteil, dass der Informationsabend mit Applaus endete (unterhalb der zulässigen TA Lärm-Grenze, versteht sich), hatte Landrat Jürgen Bäuerle. Seine
Rolle als Vermittler und Moderator füllte er professionell wie souverän aus. Freifahrtickets stellte er gleichwohl für keine Seite aus. "Fadengrad" und "ganz eng" mit den Bürgern und den Betreibern werde er die weitere Entwicklung des Fahrsicherheitszentrums begleiten. Auch Volker Scheck wünscht sich ein verträgliches Miteinander mit den Schiftungern. Vor allem möchte er einmal im dortigen Wirtshaus ein Schnitzel essen, "ohne dass man etwas nach mir schmeißt". Wer weiß: Vielleicht wird er eines Tages sogar zu einem Bierchen eingeladen? Es liegt an ihm. Also runter vom Gas! Gerold Hammes