Volkstrauertag 2007 – Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewalt
 
Lieber Leiberstunger Mitbürgerinnen und Mitbürger, sehr geehrte Damen und Herren Vereinsvorsitzende !
Die Zeit der Gedenk- und Andachttage liegt nun wieder vor uns. Ein wichtiger Gedenktag hierbei ist ohne Zweifel der
 
Volkstrauertag, am Sonntag, dem 18.11.2007
 
Wie in den vergangenen Jahren auch, werden Kirchen- und die politischen Gemeinden den Opfern von Krieg, Vertreibung und Repression gedenken. Ich darf Sie alle recht herzlich hierzu einladen. Gemeinsam wollen wir, im Gedenken an die Opfer, beim Ehrendenkmal auf dem Friedhof einen Kranz niederlegen und in einer Gedenkminute verharren. Ehrenabordnungen der Leiberstunger Vereine unter Fahnenbegleitung, sowie eine kurze Ansprache, musikalisch umrahmt durch den Männergesangverein 1875 Leiberstung e.V., werden diesem Gedenken den entsprechenden Rahmen geben.
 
Beginn der Gedenkveranstaltung, welche wir bei jeder Witterung durchführen werden, ist um 11.00 Uhr
 
auf dem Friedhof Leiberstung. Ich bitte Sie herzlichst, hieran teilzunehmen und somit diesem Gedenktag den gebührenden Stellenwert einzuräumen – ganz besonders gilt dieser Aufruf auch den Jugendlichen !
 
Naber -Ortsvorsteher
 
Ansprache zum Volkstrauertag 2007
von Ortsvorsteher Alexander Naber
 
Heute, wenn sich allerorten in unserem nunmehr seit 18 Jahren wiedervereinigten Deutschland die Bürgerinnen und Bürger auf den Friedhöfen, den Gedenkstätten und Ehrendenkmalen in unserem Land einfinden, dann tun dies viele sicher aus verschiedenen Gründen.
 
Gründe, welcher unterschiedlicher kaum sein können, verfolgt man die Gespräche der Menschen im Vorfeld zu diesem Tag, oder aber nutzt man die modernen Medien und recherchiert in entsprechend lautenden Diskussionsforen im Internet.
 
Für viele Bürger ist dieser Tag heute nichts weiter als ein Sonntag wie jeder andere! Man nutzt und begeht ihn, wie einen normalen Sonntag.
 
Einziger Unterschied - in Radio, Fernsehen oder den Sonntagszeitungen wird kurz über das Gedenken und die Ziele des heutigen Tages berichtet. Es flimmern Bilder über den Bildschirm, hauptsächlich von Politikern in dunklen Anzügen, welche sich an den oben genannten Stellen treffen und in Stille verharren; Man reportiert Auszüge aus Reden zu diesem Tag und nimmt Rückblick auf Bilder aus längst vergangenen Tagen, als die Welt nahe vor dem Abgrund stand.
 
Zum Abspann hört man dann meist im Hintergrund eine Trompete das Lied vom "Guten Kameraden" spielen.
 
Wenn man dann hinterfragt, wer sind diese Menschen, welche bei diesen Gedenkfeiern, an einem solchen Sonntag wie heute, sich an Orten wie diesem hier einfinden, bekommt man verschiedene Antworten.
 
Für einige erscheint es nur wie eine Pflicht - weil sie im öffentlichen Leben stehen und man eben an diesem Tag zu diesen Gedenkveranstaltung gehen muss, zu welcher meist von der politischen Gemeinde eingeladen wird;
 
Andere wiederum nehmen diesen Tag wie beispielsweise "Allerheiligen" und besuchen die Friedhöfe im Gedenken an ihre verstorbenen Verwandten und Freunde; Noch lebende Veteranen der Kriege des vergangenen Jahrhunderts ehren ihre gefallenen Kameraden mit dem Besuch der entsprechenden Ehrenmale auf Friedhöfen und öffentlichen Plätzen. Aber, oftmals hört man auch, es wären "ewig gestrige", welche diesen Tag nutzen und dem "verlorenen Krieg" hinterher trauern, oder aber auch Aussagen wie "da treffen sich halt die Alten auf dem Friedhof und reden über'n Krieg der schon lange fertig ist!"
 
Durch den mittlerweile großen Abstand zu den beiden großen Weltkriegen schwindet in weiten Teilen der Bevölkerung das Bewusstsein für ein aktives Gestalten dieses Tages und das Gedenken. Viele kennen nicht einmal mehr den Hintergrund, vor welchem dieser heutige Tag ins Leben gerufen wurde.
 
Schon weit vor dem Beginn des zweiten Weltkrieges wurde dieser Tag als nationaler Gedenktag an die Gefallenen, Verwundeten und Vertriebenen aus dem Ersten Weltkrieg begangen und gefeiert - zu einer Zeit, zu welcher jeder glaubte, dass die Geschehnisse des Krieges von 1914 bis 1918 und die damit verbundenen Schrecken eine Mahnung für alle Völker sein werden und mit dem Gedenken an die vielen unschuldigen Opfer - Zivilisten wie auch Soldaten - kein Krieg mehr entstehen könne.
 
Keine zwei Jahrzehnte später jedoch fand sich Europa in ihrer schlimmsten Epoche der Neuzeit wieder und die Auswirkungen des 2. Weltkrieges halten noch bis heute nach.
 
Während der erste Weltkrieg auch der erste Krieg war, dessen Einsatz von Maschinen und Material eine bislang nie geahnte Brutalität und Grausamkeit gegenüber dem gegnerischen Soldaten an den Tag legte, sollte der Zweite Weltkrieg durch seine Grausamkeit gegenüber der Zivilbevölkerung der beteiligten Länder neue, traurige Rekorde belegen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges sah man die Notwendigkeit eines kollektiven Gedenkens, wider dem Vergessen ob all der Grausamkeit und Brutalität von jeglicher kriegerischer Auseinandersetzung als wichtiger denn je und man nutzte wieder den Volkstrauertag für diese Mahnung.
 
Kaum verständlich erscheint es daher, dass trotz der jüngsten Vergangenheit - der Kriege auf dem Balkan, die aktuellen Auseinandersetzungen im Nahen Osten und die Konflikte an der türkischen Grenze - die Mahnung eines solchen Tages wie heute zu verhallen droht. Meinungen, welche diesen Tag als "Verherrlichung des Krieges" und "soldatischem Heldentum" bezeichnen und ihm gar noch unterstellen, den Kriegstreibern dienlich zu sein - kann ich persönlich nicht teilen.
 
Angesichts des vielen Leides, an welche heute allerorten erinnert wird - an die gefallenen Soldaten, an die ermordeten Zivilisten und Völkergruppen, an die heimatlos gewordenen und Vertriebenen, an die geschändeten und misshandelten - Männer, Frauen und Kinder - in den Kriegen des letzten Jahrhunderts, wie auch in den aktuellen Kämpfen - glaube ich kaum, dass dieser Tag die "Lust am Krieg" wecken könnte.
 
Zudem begehen viele Nationen einen ähnlichen Tag zum Gedenken der Gefallenen, Vertriebenen und Geschändeten. Jüngst erst begingen in unserer Nachbarschaft Hügelsheim und Rheinmünster, die Bürger gemeinsam mit den kanadischen Freunden deren "Remembrance Day" - im Gedenken an alle Gefallenen der verschiedenen Kriege.
 
"Wer die Geschichte nicht beachtet und aus ihr lernt, der ist verdammt sie nochmals zu erleben" - dieses gelfügelte Wort beschreibt, denke ich, die Situation aufs treffliche.
 
Das Erinnern an diese Gräueltaten und das Mahnen - sich verinnerlichen, dass solches nicht mehr passieren darf - gleichzeitig aber auch an diejenigen denken, welche Krieg und Vertreibung zum Opfer gefallen sind deren Andenken zu ehren - das ist meines Erachtens mehr als wert, diesen heutigen Tag zu begehen und innezuhalten, im Gedenken, im Gebet.
 
Ob nun vergangener Krieg oder aktuell ausgetragener, politischer Konflikt - sowohl in Europa, als auch in Asien, Afrika und dem amerikanischen Kontinent - überall starben und sterben, litten und leiden Menschen unter der Kriegstreiberei verfeindeter Volksgruppen, religiöser Fanatiker oder machthungrigen Diktatoren. Krieg ist noch lange nicht Geschichte - Krieg ist aktuell und gefährlicher denn je.
 
Hiervon zeugen auch die zahlreichen Einsätze deutscher Soldaten, welche im Auftrag der Vereinten Nationen an zahlreichen Brennpunkten in der Welt in Missionen für den Frieden unterwegs sind und die Zivilbevölkerung schützen sollen, den wiederaufbau in zerstörten Städten und Ländern sichern.
 
Auch sie hatten in der jüngsten Vergangenheit Kameraden zu beklagen und zu betrauern, welche in der Ausübung ihres Dienstes verletzt, verwundet oder gar getötet worden sind.
 
Krieg ist allgegenwärtig.
 
Halten wir deshalb inne und nehmen wir sie alle in unser Gebet und unser Gedenken mit auf.
 
Während wir dieses tun wird auch bei uns im Anschluss das Lied "Vom Guten Kameraden" erklingen;
 
Dieses Lied ist seit Jahren ein verlässlicher Begleiter bei solchen Gedenkveranstaltungen.
 
Und auch hier ist es wichtig den Hintergrund nicht zu vergessen - denn vielerorts wird dieses Lied unwissentlich als Kriegslied des Ersten Weltkrieges bezeichnet.
 
Doch war es schon im Jahre 1809 als der schwäbische Volksdichter Ludwig Uhland dieses Lied aufgeschrieben hat, aus Motiven des schweizerischen Freiheitskampfes unter Andreas Hofer.
 
Zum ersten mal soll es "Zum Besten der Invaliden des Feldzuges" gesungen worden sein von den 15.000 Württembergern, welche an Napoleon verkauft, 1812 in den Russlandfeldzug ziehen mussten.
 
Seit diesen Tagen gilt das Lied vom "Guten Kameraden" auch in vielen anderen Ländern und Nationen als Begleitung für das Gedenken und den Heimgang, als Begleitung bei Beerdigungen.
 
Nutzen wir nun all diese äußeren Zeichen - das Lied vom "Guten Kameraden", das Ehrendenkmal der Gefallenen Söhne unseres Dorfes und unser aller Anwesenheit an diesem heutigen Tage, um nun allen, den vielen Opfern der Kriege und politischen Auseinandersetzungen zu gedenken.
 
Sehen wir es nicht als "lästige Pflicht" an, sondern als Mahnung alles dafür zu tun, was in unserer Macht steht um Konflikte zu beenden und künftige Auseinandersetzungen zu verhindern.
 
Die Toten der Kriege sind Mahner für den Frieden und die Hoffnung, dass dieses Los der Soldaten und Zivilisten uns und den Generationen nach uns erspart bleiben mag.
 
Ihr Tod darf nicht übersehen werden und nicht umsonst gewesen sein. Schließen wir alle in unsere Andacht mit ein, nicht nur unsere Gefallenen und Verstorbenen, sondern alle Menschen, welche durch Kriege und Vertreibung ums Leben gekommen sind. Soldaten und Zivilisten - weltweit.
 
Ich lade Sie ein zu einem stillen Gebet und dem gemeinsamen Niederlegen des Kranzes an unserem Ehrendenkmal. Möge das Grün der Zweige ein Zeichen für die Hoffnung auf einen dauerhaften Frieden sein.