vom 24.9.2009


Mehr als zwei Stunden lang geduldige Zuhörer: Schiftunger Bürger und Sinzheimer Gemeinderäte bei der gestrigen Verhandlung des Verwaltungs- gerichtshofs im Baden-Airpark.
Fotos: J. Eiermann

Fahrsicherheitszentrum: Normenkontrollklage hilft Bürgern nicht weiter
Hoffnung liegt jetzt auf Bebauungsplan-Änderung

Von Joachim Eiermann

Rheinmünster - Die Sache endete wie das berühmte Hornberger Schießen. Keiner der Kontrahenten konnte mit einer Einstellung des Normenkontrollverfahrens in Sachen Bebauungsplan Fahrsicherheitszentrum zufrieden sein. Doch diese erfolgte einvernehmlich nach zweistündiger Erörterung aller verfahrenstechnischen und rechtlichen Aspekte rund ums LuK-Driving-Center. "Der Senat hat sich die Sache nicht leicht gemacht", gab etwas entschuldigend Klaus Schaeffer, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgerichtshof Mannheim (dritter Senat), den Zuhörern zu verstehen, die sich mehr erhofft hatten.

Rund 50 Personen - lärmgeplagte Bürger aus Schiftung und Sinzheimer Gemeinderäte - füllten den Saal des Tagungsgebäudes im Baden-Airpark. Es mussten gar zusätzliche Stühle herbeigeschafft werden. Die Besucher verfolgten geduldig die juristische Fachsimpelei zwischen Anwälten und dem Vorsitzenden, um nach einer längeren Sitzungspause zu hören, dass der fünfköpfige Senat zu folgendem Schluss kam: Der bestehende Bebauungsplan ist als "funktionslos" zu betrachten.

Richter Schaeffer begründete dies unter anderem damit, dass der ursprüngliche Verlauf der Trainingsstrecke, wie er im Plan stehe, so gar nicht realisiert worden sei, sondern mit Genehmigung der Behörden abgeändert wurde. Ergo: "Dieser Bebauungsplan hat keine Funktion mehr." Das Verfahren weiter zu betreiben, so Schaeffer, mache "deshalb wenig Sinn".

Für die Schiftunger nachteilig war zudem, dass die Lärmgutachten der Trainingsveranstaltungen allesamt Werte innerhalb der zulässigen Grenzen ausgewiesen hatten: "Es spricht wenig dafür, dass das Schutzinteresse verletzt wurde", so der Richter.

Dem Zweckverband Regionalflughafen mit Gewerbepark gab Schaeffer mit auf den Weg, das noch ausstehende Bebauungsplanänderungsverfahren zügig zu betreiben. "Vielleicht lässt sich dabei noch der eine oder andere Zahn ziehen", spielte der Vorsitzende auf das Lärmproblem an.

Exemplarisch schilderte Claus Krieg, dessen Frau stellvertretend für die betroffenen Schiftunger die Klage angestrengt hatte, wie er die Trainingsläufe erlebt. "Trotz dreifach verglaster Fenster ist es so laut, dass man nicht telefonieren kann." Insbesondere die Beschleunigungsvorgänge von Motorradfahrern und PS-starken Fahrzeugen seien extrem lärmintensiv. "Das Fahrsicherheitszentrum ist eine tolle Geschäftsidee, ist aber am absolut falschen Standort", merkte er an.

Professor Christian Kirchberg, Rechtsbeistand des Zweckverbands, warnte vor besonderen Erwartungen im Zuge des Planänderungsverfahrens: "Die Vorgaben der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bleiben der Maßstab." Im Klartext: Die Werte der Technischen Anleitung (TA) Luft könnten nicht angetastet werden. Peter Schütz, Anwalt der zum Verfahren beigeladenen Betreiberfirma des Fahrsicherheitszentrums, prophezeite bereits: "Es wird sich nichts ändern. Es gibt eine Genehmigung."

Zuvor hatte Alexander Simon, Rechtsvertreter der Klägerin, die Bitte geäußert, dass das Planänderungsverfahren unter öffentlicher Beteiligung durchgeführt werde. Der Vorsitzende Richter äußerte abschließend die Hoffnung, dass danach für den Verwaltungsgerichtshof nicht wieder ein Normenkontrollverfahren anstehe.


Claus Krieg (rechts) kämpft gegen den Lärm des Fahrsicherheitszentrums. Hier im Gespräch mit Sinzheims Bürgermeister Erik Ernst.

Hintergrund

Am Anfang noch kein Widerspruch
Bühl (bm) - Die Normenkontrollklage beim Verwaltungsgerichtshof Mannheim richtete sich gegen den Bebauungsplan "Fahrsicherheitszentrum" des Zweckverbands Regionalflughafen mit Gewerbepark. Auf dessen Grundlage wurde die Realisierung des Trainingsparcours erst möglich. Bei der Offenlage des Planentwurfs waren seinerzeit keine Widersprüche eingegangen. Nach einer weiteren Prüfung durch das Regierungspräsidium erteilte das Landratsamt im Jahr 2006 schließlich die Genehmigung. Wir hatten keinen anderen Ermessensspielraum. hatte der Erste Landesbeamte Jörg Peter bei einer öffentlichen Informationsveranstaltung im April 2008 im Fahrsicherheitszentrum betont.
Zu Beginn dieses Jahres ist eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung zwischen der Fahrsicherheitszentrum Baden-Airpark GmbH & Co. KG und dem Landratsamt Rastatt als Untere Immissionsschutzbehörde in Kraft getreten. Die Betreiber der Anlage erklärten sich darin freiwillig zu Regelungen bereit, die über die Genehmigungsbescheide hinausgehen. So dürfen seither an den kirchlichen Feiertagen Dreikönig, Karfreitag, Ostern, Pfingsten, Fronleichnam, Allerheiligen und Weihnachten keine Veranstaltungen stattfinden. An Samstagen endet der Streckenbetrieb um 18 Uhr und an Sonntagen um 17 Uhr. Veranstaltungen mit Motorrädern sind auf maximal 15 Sonntage und 25 Fahrer auf der Strecke limitiert. Weiter verpflichtete sich das Fahrsicherheitszentrum, eine "Beschwerdestelle" einzurichten.
 

Versöhnlich nur im Ton

Rheinmünster (jo) - Trotz des Politikums: Die Schiftunger verfolgten die Verhandlung des Verwaltungsgerichtshofs im Baden-Airpark ohne einen einzigen Zwischenruf. Auch die Wortbeiträge der Parteien entbehrten jeder Schärfe. Im Gegensatz zu Claus Krieg, der die Lärmbelastung aus seiner subjektiven Sicht schilderte, schwieg auf der anderen Seite Volker Scheck vom Fahrsicherheitszentrum. In der Sache kamen sich beide Seite nicht näher. Weitere Zugeständnisse an das benachbarte Dorf scheinen derzeit kein Thema. Folgend ein paar Reaktionen:

Bürgermeister Erik Ernst (Sinzheim) : "Das ist eine unbefriedigende Situation für die Schiftunger Bürger. Wir sind in der Sache nicht weitergekommen. Ich hätte mir einen Vergleich gewünscht, der über die bisherigen Vereinbarungen hinausgeht. Die künftigen Maßnahmen der Gemeinde kann ich im Moment noch nicht abschätzen."

Claus Krieg aus Schiftung (Ehemann der Klägerin): "Ich hoffe, dass man sich beim neuen Bebauungsplanverfahren Gedanken macht, was man genehmigt. Dass es so nicht weitergehen kann, hat ja jeder gesehen. Leider ließ der Betreiber des Fahrsicherheitszentrums die Frage unbeantwortet, ob er bereit ist, Abhilfe zu schaffen."

Alexander Simon (Rechtsvertreter der Klägerin): "Die Begeisterung über die Erledigung des Verfahrens hält sich bei allen Beteiligten in Grenzen. Wir haben Brot gefordert und nur Steine erhalten."

Volker Scheck (Fahrsicherheitszentrums): "Ich bin der sicheren Überzeugung, dass wir einiges dazu beigetragen haben, um ein besseres Miteinander mit den Schiftunger Bürgern hinzubekommen. Wir haben dazu freiwillig eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung getroffen, ohne dass es rein rechtlich dafür einen Anlass gegeben hätte. Dieses Agreement ist für uns mit wirtschaftlichen Einschnitten verbunden. Die eingerichtete Beschwerdestelle wurde bisher zweimal angerufen, in einem Fall zu einem Tag, an dem wir gar keine Veranstaltung hatten. Eine weitere Beschwerde wurde an das Landratsamt gerichtet.