vom 13.10.2010

Antonia (45): "Unser Dorfladen gehört allen"

Heimat - das sind wir
Antonia (45): "Unser Dorfladen gehört allen"

Frühmorgens herrscht im Leiberstunger Dorfladen bereits reges Kommen und Gehen. Vor der Tür halten zwei Senioren ein kleines Schwätzchen und es scheint, als sei in dem 880 Einwohner-Ort in der Gemeinde Sinzheim (Baden-Württemberg) die Zeit stehen geblieben.

Doch der Schein trügt! Hinter dem Tante-Emma-Laden steht eine fortschrittliche Idee. "Unser Laden gehört allen", erklären Verkäuferin Antonia Koch und Alexander Naber, Ortsvorsteher und ehrenamtlicher Aufsichtsratsvorsitzender der Dorfladengenossenschaft. "Zum Preis von je 25 Euro konnten die Leiberstunger Anteile am Laden kaufen und erhielten dafür ein Mitbestimmungsrecht", erklärt Vorstand Peter Günther. 

800 Anteile wurden bisher verkauft, somit verfügt der Laden über Eigenkapital in Höhe von 20.000 Euro. Die Geschäfte laufen gut: Sechs Monate nach der Eröffnung im April 2009 zählte man schon 20.000 Kunden und bald soll der Dorfladen schwarze Zahlen schreiben. "Unsere Preise sind fair und die Qualität stimmt.Das meiste stammt von Produzenten aus der Region (siehe auch Bericht rechts), vieles auch in Bio-Qualität", erklärt Geschäftsführerin Sabine Opitz. "Natürlich können wir den großen Supermärkten nicht Konkurrenz machen und wollen es auch gar nicht. Unser Ziel ist, dass jeder hier das Nötigste für den täglichen Bedarf kaufen kann." Möglich wird das alles durch den ehrenamtlichen Einsatz der Dorfbewohner, die sich um Verwaltung, Einkauf und Abrechnung kümmern. Und warum dieser Einsatz?

"Bis in die 90er Jahre besuchte uns wöchentlich ein rollender Bäckerladen, danach mussten wir zum Einkaufen in den nächsten Ort fahren", erinnert sich Naber. "Das war ein Problem für alle Leiberstunger ohne Auto."

Für eine große Laden-Kette war der Standort nicht attraktiv genug.

Für jeden Kunden ein nettes Wort

Es blieb nur eine kreative Lösung. Zwar waren einige Dorfbewohner anfangs skeptisch, doch inzwischen haben sie den Nutzen erkannt: "Besonders die Senioren sind dankbar. Der Laden gibt ihnen ein Stück Selbstständigkeit zurück", so Opitz. Das schätzt auch die weißhaarige Dame in der geblümten Kittelschürze, die schnell noch ein paar Eier braucht und mit einem freundlichen "Guten Morgen" begrüßt wird. "Zwischen Leberwurst und Brot bleibt immer Zeit für ein Gespräch. So ist der Laden - neben dem Friedhof - zu einem beliebten Treffpunkt geworden", sagt Verkäuferin Angelika Audet-Binz. "Der Laden tut der Dorfgemeinschaft gut. Er hat uns wieder näher zusammengebracht."

Auch die sieben Verkäuferinnen, die auf 400-Euro-Basis im Dorfladen arbeiten, sind froh: So können sie die Kindererziehung, Haushalt und ihre Berufstätigkeit gut miteinander vereinbaren.

In der Stadt leben? Das kommt für die Leiberstunger überhaupt nicht in Frage: "Hier ist unsere Heimat!", sagen sie - und das soll auch so bleiben.