vom 27.2.2010

Ein lebendes Lexikon: Bernhard Zerr über Kollege Lutz Wagner (rechts).
Streitobjekt; Nur ein dünner Waldstreifen trennt das Driving-Center vom Sinzheimer Ortsteil Schiftung.  Foto: W. Walter

Den goldenen Mittelweg finden
Lärmgutachter rücken erneut im LuK-Driving-Center an / Saisonstart
am 5. März

Von Holger Siebnich
Rheinmünster/Bühl - Die neue Saison am LuK-Driving-Center startet am 5. März. Im Hintergrund laufen derweil die Vorbereitungen für die Änderung des Bebauungsplans, die auch der Verwaltungsgerichtshof (VGH) im September angemahnt hatte. Praktische Auswirkungen dürfte das aber frühestens ab 2011 haben - wenn überhaupt.

In den kommenden Wochen wird erneut ein Gutachter die Anlage in Augenschein nehmen. Die neuen Messungen sollen Klarheit darüber schaffen, welche Maßnahmen getroffen werden könnten, um die Situation zu verbessern. Denkbar sind dabei auch bauliche Veränderungen, wie beispielsweise eine Lärmschutzwand. "Vom Grundsatz her soll das Gutachten klären, ob ein aktiver Lärmschutz überhaupt etwas bringt", erklärt Rüdiger Franke, Sprecher der Betreibergesellschaft des Driving-Centers.

Das neue Gutachten soll sich dabei von den bisherigen Untersuchungen in einem wesentlichen Punkt unterscheiden. Während bislang stets die Dauerbelastung für Schiftung im Fokus stand, sollen diesmal explizit die Lärmspitzen ermittelt werden. "Das ist eine sehr außergewöhnliche Prüfung", betont Hans-Peter Volkmer vom zentralen juristischen Dienst der Stadt Karlsruhe, der den Zweckverband Gewerbepark mit Regionalflughafen Söllingen bei dem Vorhaben im Rahmen der Amtshilfe unterstützt. Dafür werde der Gutachter jeweils ein repräsentatives Auto und ein Motorrad auf die Strecke schicken und den Lärm am Kurs messen. Von den Spitzen der Strecke soll sich dann auf die Höchstwerte für die Schiftunger rückschließen lassen.

Die Beteiligten erwarten, dass die Ergebnisse bis zum späten Frühjahr vorliegen. "Auf deren Basis werden sich die Verantwortlichen gemeinsam überlegen, welche Maßnahmen sinnvoll und auch für den Betreiber zumutbar sind", erklärt Volkmer.

Bis es soweit ist, lassen sich die Beteiligten allerdings wenig in die Karten blicken. So antwortet der Center-Sprecher Franke auf die Frage, ob für den Betreiber der Bau einer Lärmschutzwand akzeptabel wäre: "Das lassen wir im Moment offen." Allerdings betont er auch: "Wir erwarten nicht, dass die Änderung des Bebauungsplans mit baulichen Maßnahmen einhergeht."
Auf der anderen Seite betonen sowohl Volkmer als auch der Hügelsheimer Bürgermeister Reiner Dehmelt als Vorsitzender des Zweckverbands, wie wichtig es sei, sowohl die Interessen der Anwohner als auch des Betreibers

unter einen Hut zu bringen. "Wir suchen den goldenen Mittelweg", sagt Dehmelt. Wie genau der aussehen kann, dazu schweigt allerdings auch er. In jedem Fall gelte für den Zweckverband die Maßgabe, dass bei diesem Projekt die Sicherheit vor Schnelligkeit gehe. Der Zweckverband will sich mit dem neuen Bebauungsplan offfenbar nicht angreifbar machen - von welcher Seite auch immer. "Das ist ein Spagat", betont Dehmelt.

In die Diskussion einbringen möchte sich auch der Sinzheimer Bürgermeister Erich Ernst. Er erwarte, dass die Planänderung die Belange der Schiftunger Bürger stärker berücksichtige. Über konkrete Ideen, wie diese Erwartung zu verwirklichen ist, will aber auch er sich öffentlich nicht äußern. "Darüber werden wir zunächst intern sprechen", sagt er.

Hintergrund

Der Zweckverbandsvorsitzende Dehmelt stellt immerhin eine Informationsveranstaltung für die Anwohner in Aussicht, wenn das Gutachten vorliegt und damit über konkrete Maßnahmen diskutiert werden kann. Der Zeitpunkt sei allerdings noch offen.

Volkmer gibt als groben Zeitrahmen vor, dass das Änderungsverfahren bis Ende des Jahres abgeschlossen werden soll. Dazu gehöre auch eine öffentliche Auslegung der Pläne. Konkrete Maßnahmen würden damit also frühestens ab der nächsten Saison greifen. Bis dahin gilt noch die freiwillige Vereinbarung, die der Betreiber und das Landratsamt geschlossen haben. Darin ist unter anderem geregelt, dass an Feiertagen keine Motorrad- veranstaltungen im Driving-Center stattfinden. Die Vereinbarung soll laut Volkmer in jedem Fall in die Bebauungsplanänderung einfließen. "Denn diese Vereinbarung hat zu spürbaren Verbesserungen geführt", ist Volkmer überzeugt.

Akustisches schwarzes Loch

Der Frühling schaute in dieser Woche schon für eine kurze Stippvisite vorbei, ab Montag begrüßen ihn die Meteorologen auch offiziell. Nach dem weißen Winter wird er leichtes Spiel haben, der Liebling der Massen zu werden. Die Vögel singen, der warme Wind streicht über Felder, die Zeitung raschelt beim Frühstück auf der Terrasse - und WRUUUUUUM. Diesem Geräusch fiebern die Bürger in Schiftung schon entgegen. Denn ab kommenden Freitag erwacht auch das LuK-Driving-Center aus dem Winterschlaf. Es könnte die letzte Saison sein, in der sich die Strecke frei entfalten kann. Vielleicht wird sie dann hinter einer hohen Mauer verschwinden, an der die Motorgeräusche abprallen. Damit in Schiftung die Vögel wieder singen und die Zeitung wieder raschelt. Ganz ohne WRUUUUUUM.

Ob das Wirklichkeit wird, darüber entscheiden ein neuerliches Gutachten, die Verantwortlichen beim Zweckverband und die Betreibergesellschaft. Beide Seiten wollen sich bislang nicht in die Karten blicken lassen. Für alle Beteiligten ist die notwendige Änderung des Bebauungsplans eine nervenaufreibende Angelegenheit. Die Behörden haben auf der einen Seite dem Vorhaben ursprünglich grünes Licht gegeben und können nun nicht einfach zig Auflagen nachschieben, die auch ihre eigene Entscheidung untergraben würden. Der Betreiber auf der anderen Seite war in der Vergangenheit trotz Genehmigung zu Zugeständnissen bereit und will es sich mit der Bevölkerung nicht noch mehr verscherzen. Aber seine freiwillige Fahnenstange ist sicherlich nicht ohne Ende.

Die Schiftunger werden aufmerksam und mit Spannung beobachten, wie die Verantwortlichen im Laufe des Jahres versuchen, das Kamel durchs Nadelöhr zu bugsieren. Für die bevorstehende Saison wird dieses Kunststück aber ohnehin noch ohne Wirkung bleiben. In den kommenden Monaten sorgt lediglich weiterhin die Vereinbarung zwischen Landratsamt und Betreiber dafür, dass es zumindest an und Feiertagen piept und raschelt statt dröhnt und röhrt. Aber es gibt Hoffnung. Wenn die Schallschutzmauer - sollte sie denn kommen - ein ähnliches akustisches schwarzes Loch wird wie die Mauer des Schweigens der Verantwortlichen im Vorfeld des Gutachtens, dann wird bald himmlische Ruhe in Schiftung herrschen. Piep.