vom 26.2.2010

BEZIRKS-SCHIEDSRICHTER-OBMANN trifft Bundesliga-Schiedsrichter: Bernhard Zerr (links) konnte in Leiberstung Lutz Wagner begrüßen.
BEZIRKS-SCHIEDSRICHTER-OBMANN trifft Bundesliga-Schiedsrichter: Bernhard Zerr (links) konnte in Leiberstung Lutz Wagner begrüßen.
Foto: Collet

"Ich bin einfach gerne Schiedsrichter"
Lutz Wagner zu Gast bei den Unparteiischen des Fußballbezirks Baden-Baden

Sinzheim-Leiberstung. Stürmischer Beifall für einen Fußball-Schiedsrichter? Das widerfährt selbst Lutz Wagner nicht alle Tage. Und der in 192 Bundesligaspielen erprobte Unparteiische ist einiges gewohnt. Am vergangenen Wochenende beispielsweise leitete er vor 73 700 Zuschauern die Partie Borussia Dortmund gegen Hannover 96.

In der Leiberstunger Festhalle ist der Kreis um einiges kleiner, die rund 200 Mitglieder der Schiedsrichter-Vereinigung Baden-Baden verfolgen den Auftritt des 46-Jährigen aber mindestens genauso aufmerksam wie dies die Massen

im Dortmunder Signal-Iduna-Park getan haben und spenden dem Mann aus dem hessischen Hofheim-Kriftel reichlich Applaus. Lutz Wagner. von Bezirks-Schiedsrichter-Obmann Bernhard Zerr als Referent für den Februar-Lehrabend eingeladen, lässt keinen Zweifel daran, das er gerne zu seinen "Kolleginnen und Kollegen" gekommen ist. Mit seinem 90-minütigen Vortrag zieht er die Anwesenden im Verlauf des Abends in seinen Bann.

"Ich würde für das Amt
des Lehrwarts bereit stehen"

Zur aktuellen Frage. ob er als Nachfolger des ausscheidenden DFB-Schiedsrichter-Lehrwarts Eugen Strigel in Frage kommt, sagt Lutz Wagner: "Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, könnte ich es mir vorstellen. Es sind Gespräche gelaufen. Ich würde bereit stehen. Warten wir ab." Zum brisanten Thema "Amerell", das im Anschluss an die Versammlung angesprochen wird, meint Wagner: "Ich kann dazu nichts Konkretes sagen. Wenn ich mich dazu äußern würde, wären das nur Mutmaßungen und das wäre nicht in Ordnung."

Ansonsten hat der dienstälteste Bundesliga-Schiedsrichter, der seit 1994 im Geschäft ist, aber einiges Handfestes mitzuteilen. Zum Beispiel, dass er vom Profi-Schiedsrichter, der immer wieder gefordert wird, überhaupt nichts hält. "Den Druck im Zusammenhang mit der Sicherung des Arbeitsplatzes, dem die Profi-Schiedsrichter ausgesetzt wären, könnte keiner aushalten." Als Ideallösung fordert er deshalb: "Wir brauchen den professionell agierenden Schiedsrichter, der einen zivilen Beruf in der Hinterhand hat.

Man nimmt es Lutz Wagner ab, wenn er sagt: "Ich bin einfach gerne Schiedsrichter." Insbesondere die vielen Nachwuchs-Schiris
im Bezirk spricht er mit der These an: "Es muss Spaß machen. Wer keinen Spaß bei der Sache hat, der macht sie auch nicht gut." Im Verlauf seiner Ausführungen bricht er eine Lanze für die Schiedsrichter-Assistenten. "Ich bewundere sie. Die Arbeit an der Linie ist äußerst schwierig. Der Assistent muss zudem die Fähigkeit haben, sich in den Schiedsrichter hineinzuversetzen."

Eindringlich legt er seinen Zuhörern ans Herz: "Einen guten Schiedsrichter erkennt man daran, wie er seine Entscheidungen verkauft." Und: "Das Wichtigste ist, immer wieder aufzustehen." Schließlich, so Wagner, gehört auch das Aufarbeiten und Abhaken nach einer Spielleitung zur absolut notwendigen Tätigkeit des Schiedsrichters. Am Ende des mit vielen Anekdoten angereicherten und in bestem Hessisch gehaltenen Referats darf sich Lutz Wagner der Sympathien im Saal sicher sein. Den lang anhaltenden Beifall genießt er sichtlich.

Bereits am Sonntag steht er als Leiter des Bundesliga-Klassikers FC Bayern München gegen Hamburger SV wieder im Blickpunkt des nationalen Interesses. Eines ist jetzt schon sicher: Einen solch wohlwollenden Empfang, den ihm die 200 in Leiberstung bereitet haben, wird es von den 69 000 in der Allianz-Arena nicht geben. Daniel Merkel