vom 18.6.2011

LUFTIGE HÖHEN: Mit der Drehleiter gelangten die Storchenbetreuer zum Nest auf der Wendelinushalle.
LUFTIGE HÖHEN: Mit der Drehleiter gelangten die Storchenbetreuer zum Nest auf der Wendelinushalle.

Beringen der Störche ist fast wie eine Taufe
Mit Hilfe der Drehleiter auf die Wendelinushalle

Von unserer Mitarbeiterin Gertrud Vögele

Sinzheim. "Please inform: Vogelwarte Radolfzell, Germany" - "bitte informieren Sie die Vogelwarte Radolfzell, Deutschland" - so steht es in weißen Buchstaben auf den schwarzen Kunststoffringen, mit denen die drei kleinen Störche in Leiberstung am Donnerstagabend beringt worden sind.

Weiterhin sind die Buchstaben D E R und jeweils die Zahlenbezeichnungen AF993, AF994 und AF995 zu lesen. Die Ringe kommen von der Vogelwarte Radolfzell, in deren Listen die Jungvögel nun geführt werden. Mitgebracht hat sie "Storchenvater" Josef Günther aus Moos, der im Stadtkreis Bühl, zwischen Achern und Rastatt, Storchennester betreut und seit vielen Jahren im Ehrenamt die Beringung des Nachwuchses vornimmt. Rund zehn Nester habe er in den letzten Wochen betreut, erzählt Günther. In der Regel würden pro Nest zwischen zwei und vier Küken schlüpfen. "Die Storchenpopulation in unserer Gegend hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen", freut sich der Storchenexperte. "Unser Storchennachwuchs ist bereits Ende April geschlüpft. es ist jetzt also allerhöchste Zeit geworden, sie zu beringen bevor sie flügge werden", sagte Ortsvorsteher Alexander Naber, der zu der Beringungsaktion an die Wendelinushalle gekommen war.

"Störche zu beringen, kommt einer Taufe gleich", klärte Leiberstungs Storchen-betreuerin Heike Frietsch auf. Vielerorts würde sogar ein Pfarrer der "Taufe" beiwohnen und die Tiere würden einen Namen bekommen. "Das haben wir hier in Leiberstung bisher noch nicht eingeführt", so Heike Frietsch.

DIE JUNGEN STÖRCHE kauern in ihrem Nest auf dem Dach der Wendelinushalle. Bevor sie flügge werden, erhielten sie jetzt ihre Ringe von der Vogelwarte Radolfzell.
DIE JUNGEN STÖRCHE kauern in ihrem Nest auf dem Dach der Wendelinushalle. Bevor sie flügge werden, erhielten sie jetzt ihre Ringe von der Vogelwarte Radolfzell.          Fotos: Vögele

Generell diene die Beringung der Tiere dafür Informationen über die Zugweite, der Brut- und Rastgebiete sowie der Lebensdauer der Störche zu erhalten und so ihren Lebenslauf erforschen zu können, weiß Heike Frietsch.

Mit Hilfe einer Drehleiter der Freiwilligen Feuerwehr Sinzheim ließen sich Heike Frietsch und Josef Günther zum rund zwölf Meter hohen Nest hinauffahren, untersuchten die kleinen Störchlein, die sich ängstlich aneinanderschmiegten und legten ihnen schließlich die Identifikationsringe an, während die Storcheneltern das Treiben an ihrem Nest aus sicherer Entfernung beobachteten.

Bereits seit 1985
in Leiberstung zu Hause

Ebenfalls zur Wendelinushalle gekommen war Paul Frietsch, der vor über 26 Jahren wesentlich dazu beigetragen hat, dass die Weißstörche im Wendelinusdorf wieder angesiedelt wurden und, der bis ins letzte Jahr die Störche betreut und versorgt hat und wie kein anderer über die Tiere Bescheid weiß. Das Männchen also der Vater der Jungtiere sei schon seit dem Jahr 1985 in Leiberstung beheimatet, erzählt Frietsch. Es sei einer jener Störche, die er damals in Zusammenarbeit mit dem Regierungspräsidium Karlsruhe auf seinem Hof aufgenommen habe. Sein erstes Weibchen sei gestorben, seinem zweiten Weibchen habe sich der Storch 1990 angeschlossen. Seither würde das Storchenpaar, das übrigens auch den Winter in der Wendelinusgemeinde verbringt, jedes Jahr für reichlich Nachwuchs sorgen. Zunächst hätten die Tiere in einem Freigehege

auf seinem Hof gelebt, dann habe man ihnen ein Nest auf dem Silodach eingerichtet und später habe man sie auf das Leiberstunger Rathausdach umgesiedelt.
Als das Rathaus abgerissen wurde, habe man den Tieren ihr jetziges Nest bei der Wendelinushalle eingerichtet, erzählt der 83-Jährige. Beringt habe man die Tiere schon immer, fährt Frietsch fort. Die Beringung der Tiere ist in Deutschland einheitlich, wobei sich die Form und Art der Ringe im Laufe der Jahre immer wieder verändert hat. Seit 2003 werden die Störche mit einem laserbeschichteten Kunststoffring (schwarzer Ring mit weißer Schrift), dem sogenannten "ELSA-Ring" bestückt. "ELSA" ist die Abkürzung für European Laser Signed Advanced Ring.
Die eingangs erwähnte Ringnummer - ein Code aus Buchstaben und Ziffern, ist senkrecht angeordnet und erscheint viermal, so dass er mit einem Teleskop bis auf etwa 200 Meter Entfernung abgelesen werden kann. Drei Seiten des Ringes tragen das Kürzel für die Beringungszentrale und eine Seite die Post und E-Mail-Adresse für den Finder. So steht das DER auf der in Leiberstung verwendeten Marke für "Deutschland Radolfzell".