vom 22.3.2014
 
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Die Betrieber des Baggersees in Leiberstung dürfen die Flächen für den Kiesabbau vergrößern und tiefer baggern.  Foto: Margull
 
Kieswerk dehnt sich nach Süden aus
Oberflächennahe Rohstoffe im Regionalplan: Gemeinderat Sinzheim stimmt Fortschreibungsentwurf zu
 
Von Christa Hoffmann
 
Sinzheim - Erneut hat sich der Sinzheimer Gemeinderat mit zwei Erweiterungsflächen für den Kiesabbau am Leiberstunger Baggersee beschäftigt. Der Rat billigte in seiner Sitzung am Mittwochabend den aktualisierten Fortschreibungsentwurf des Regionalverbands Mittlerer Oberrhein Karlsruhe mehrheitlich. Der Entwurf war nach Einsprüchen der Gemeinde entsprechend geändert worden. Massive Kritik äußerte das Schiftunger Gemeinderatsmitglied Alfred Ernst (CDU).
 
Vor dem Beschluss hatte Verbandsdirektor Gerd Hager das Vorhaben im Rat kurz vorgestellt und von einem "mächtigen Kieslager" mit Tiefbaggerpotenzial in Leiberstung gesprochen. Hager betonte, dass viele Flächen auf Sinzheimer Gemarkung untersucht worden seien und man diese "erheblich eingedampft" habe. Das nun vorgesehene Gebiet befindet sich südlich des vorhandenen Baggersees und wurde auf mehr als die Hälfte auf 23 Hektar vermindert. Darunter fallen auch die Natura-2000-Gebiete.
 
Bürgermeister Erik Ernst sagte, dass die Einwände der Gemeinde berücksichtigt worden seien und sich das nun ausgewählte Areal weiter weg vom Ort befinde als andere zunächst in Auge gefasste Flächen. Es sind zwei Flächen, die Richtung Süden aneinander grenzen. Leiberstungs Ortsvorsteher Alexander Naber sagte, dass man mit der nun gefundenen Lösung "sehr gut leben" könne.
 
Nach der Sicherheit der Gemeindestraße entlang des südlichen Ufers des Sees fragte Matthias Schmälzle. Zudem forderte er, dass der ökologische Ausgleich für das Vorkommen des großen Brachvogels dort vorher geschaffen werden solle. Hager antwortete, "die Straße wird wohl bleiben". Es bestehe eine Verkehrssicherungspflicht. Im Hinblick darauf, dass die Böschung abbrechen könne (Schmälzle), meinte er, dass diese dementsprechend gesichert werden müssten und es wohl auch eine Flachwasserzone geben werde. Diesbezüglich müsse mit der Straßenbauverwaltung gesprochen werden. In dem Bereich befinden sich laut Naber und nach Aussage des Bauamtsleiters Richard Hörth zudem Druckwasserleitungen zum Baden-Airpark und Kanäle. Zum Thema Brachvogel meinte Hager, dass an einen solchen Ausgleich gedacht sei.
 
Alfred Ernst monierte, dass der in Leiberstung gewonnene Kies über den Rhein "weit weg" transportiert werde. Zudem kritisierte er das "Gerumpel", das der Riesenbagger von morgens 6 Uhr bis 20 Uhr von montags bis freitags verursache. Seine Immobilie werde durch den nun geplanten erweiterten Kiesabbau noch weniger wert sein.
 
Gerd Hager räumte ein, dass es "Betroffenheiten" gebe, dies sei aber auch anderswo in Baden-Württemberg der Fall, wo beispielsweise Ton oder Gestein abgebaut würden. Es sei ein "Dilemma, vor dem wir stehen", aber es gehe nicht ohne Belastungen. Bürgermeister Ernst betonte, dass die Fläche nun so klein wie möglich sei. Hager sagte, dass schließlich die Aufgabe der Rohstoffsicherung erfüllt werden müsse. Außerdem habe man darauf gedrängt, dass sich die Recyclingquote, auf die auch Matthias Schmälzle hingewiesen hatte, verbessert wird. "Wir haben mit 80 Prozent die höchste Quote aller Bundesländer", berichtete der Verbandsdirektor. Im Übrigen werde der Kies nicht allzu weit gefahren, weil dies zu teuer sei.
 
Zum Thema
 
Abbaufläche stark reduziert
 
Sinzheim (cri) - Vor zweieinhalb Jahren hatten die betroffenen Kommunen erstmals über die Fortschreibung des Kapitels "Oberflächennahe Rohstoffe" im Regionalplan beraten. Darin werden die Abbauflächen für einen Zeitraum von zwei Mal 15 Jahren (30 Jahren) festgelegt. Bei diesen ersten Anhörungen war es zu zahlreichen Einwänden gekommen. Deshalb mussten nun einzelne Flächen erneut in die Offenlage, das heißt, die Gemeinden müssen sich nun erneut damit befassen.
 
Sinzheim hatte damals die Reduzierung der Reservefläche gefordert. Zu Begründung hieß es damals, dass sich das Areal am tatsächlichen Bedarf orientieren solle, der für Leiberstung mit 20 Hektar angegeben wurde. Nunmehr wurde die im Regionalplan 2003 am Standort ausgewiesene Abbaufläche von 54 Hektar auf 23 Hektar reduziert. "Die verbleibende Fläche entspricht immer noch dem Bedarf an Abbauflächen für etwas mehr als dreißig Jahre", teilte die Verwaltung mit.
 
"Um die Belastung für die Landschaft und für andere Nutzungen zu begrenzen, sollen vorhandene Kiesabbaustellen erst dann erweitert werden, wenn die in den bestehenden Abbaukonzessionen abbaubaren und verwertbaren Rohstoffe ausgeschöpft sind", heißt es beim Regionalverband. Damit solle eine vollständige "Auskiesung" erreicht und "die Flächeninanspruchnahme auf das unbedingt notwendige Maß begrenzt werden". Vor einer Flächenweiterung war zudem die Möglichkeit einer Vertiefung zu prüfen. Diese Möglichkeit zur Tieferbaggerung besteht laut Regionalverband in Leiberstung.
 
Für das nun ausgewiesene Gebiet ist laut Verband eine artenschutzrechtliche Verträglichkeitsprüfung erforderlich. "Eine artenschutzrechtlicher Verbotstatbestand kann nur umgangen werden, wenn die Firma die Kompensation für die in Anspruch genommenen Brachvogelhabitate an anderer Stelle im Gebiet zeitnah verwirklicht", heißt es dort.