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Vom 27.4.2018
 
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Hier gibt es "alles außer Socken"
Der Genossenschaftsladen in Leiberstung ist ein Erfolgsmodell / Kommunikationspunkt im Dorf
 
Von Christa Hoffmann
Sinzheim - Mmmmhhh, wie das hier verführerisch nach frischem Brot, frischen Brötchen und Gebäck duftet? Die Backwaren sind der Hauptgrund, warum viele Menschen den Genossenschaftsladen in Leiberstung aufsuchen - und ein kleines Schwätzchen am Rande mit Angelika Audet-Binz und ihrer Kollegin Sibylle Hänsel. Darf's noch ein frisch gekochter Kaffee dazu sein?
 
Den kann man am Bistrotisch neben den Zeitschriften und dem schwarzen Brett trinken und nebenbei in Ruhe Neuigkeiten austauschen. Der Kunde Ludwig Hartmann, der auch Genossenschaftsanteile besitzt, meint: "Das ist ein kommunikativer Ort." Er deckt seinen täglichen Bedarf hier und lobt die gute Qualität der Waren. Die findet auch Günter Kübel aus Halberstung gut, der hier regelmäßig einkauft. Und dass man hier "noch ein Schwätzel machen kann".
 
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Wer aber erst mittags in den 50 Quadratmeter kleinen Laden in der Leiboldstraße 68 kommt und glaubt, noch ein volles Sortiment im Brotregal vorzufinden, der wird eines besseren belehrt. Denn manches ist dann schon ausverkauft. Wer nicht flexibel ist, sollte vorbestellen, rät Angelika Audet-Binz, die den Laden leitet und außerdem stellvertretende Ortsvorsteherin ist. Denn es werde beim Einkauf so kalkuliert, dass so wenig wie möglich übrigbleibe. Bei Fleisch und Wurst ist das etwas einfacher, denn diese sind vakuumverpackt.
 
Fleisch, Wurst, Käse und Eier kommen ebenso wie Brot und Brötchen, verschiedene Mehlsorten, Trockenobst und Hülsenfrüchte, Wein, Sekt und Schnäpse, Kartoffeln und Feldsalat von regionalen Erzeugern, erzählt Angelika Audet-Binz, alles andere wird über den CAP-Markt in Bühl bestellt. Dazu gehören unter vielem anderen Duschgel, Schokolade, Hunde- und Katzenfutter, Nudeln, Putzmittel Dosenlebensmittel und vieles mehr. "Alles außer Socken" heißt ein geflügeltes Wort im Laden, der generalstabsmäßig eingeräumt ist, weil es keinen Zentimeter zu viel Platz gibt. "Jede Ecke wird hier genutzt", sagt Angelika Audet-Binz und lacht.
 
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Viele Pendler würden hier morgens halten und sich ihr Vesper holen, sagt Angelika Audet-Binz, auch viele der Bauarbeiter, die momentan am Neubaugebiet "Östlich der L80" im Einsatz seien. Im Angebot habe man auch Geschenkkörbe und Einkaufsgutscheine. Beides werde gut nachgefragt. Eine wichtige Einnahmequelle sei zudem die Belieferung der Vereine bei Festen.
 
Sieben Kolleginnen arbeiten hier, alle in Teilzeit (bis 450Euro im Monat). Außerdem gibt es noch ein erhebliches Engagement Ehrenamtlicher. Geöffnet ist montags bis samstags von 7 bis 12Uhr, dienstags und donnerstags von 15.30 bis 18Uhr und sonntags von 8 bis 10Uhr. Und wenn eine gewünschte Ware nicht da ist, bestellen die Verkäuferinnen gerne alles, was geht.
 
Zehn Jahre alt werde der Genossenschaftsladen nächstes Jahr, und er sei eine Erfolgsgeschichte. Das weiß der Aufsichtsratsvorsitzende der Genossenschaft, Alexander Naber, auch deshalb so genau, weil er von Anfang an dabei ist. Und die Einrichtung einer solchen Einkaufsmöglichkeit war dazu auch noch seine Idee Naber trat 1999 das Amt des Ortsvorstehers an. Bei einem Umsatz von 100000 Euro würden sich solche Einrichtungen tragen, erklärte er, jener im Sinzheimer Ortsteil habe 2017 rund 238000 Euro umgesetzt. Der monatliche Umsatz liege von Beginn an durchschnittlich immer bei rund 20000 Euro.
 
Vor neun Jahren habe es nur noch einen rollenden Bäcker und zweimal wöchentlich einen rollenden Metzger im Wendelinusdorf gegeben, erinnert sich Naber. Vom Jahr 2000 an gab es dann zwar wieder einen Laden, der aber nach einem Pächterwechsel 2006 endgültig geschlossen habe. Da holte er dann wieder seine Idee von einem Genossenschaftsladen aus der Schublade, die dann 2009 umgesetzt wurde. 450 Anteile à 25 Euro seien damals ausgegeben worden. Inzwischen zählt die Genossenschaft laut Alexander Naber 230 Mitglieder, und es sind 875 Anteilsscheine à 25 Euro abgegeben worden.
 
Vor dem zehnjährigen Geburtstag wird der Dorfladen aber - wie berichtet - noch umziehen, und kann sich dann auf etwa 75 Quadratmetern entfalten. Barbara Stolz, die Floristin in der aktuellen Nachbarschaft, und die Verkäuferinnen werden sich dann vermissen, wie sie jetzt schon wehmütig mitteilen. Dennoch ist die Freude über die Vergrößerung groß: Die Verantwortlichen hoffen, dass der Ortswechsel in den früheren Bürgersaal noch in diesem Jahr klappt. Die Außenanlagen sind schon neu gestaltet worden, es fehlen aber noch verschiedene Genehmigungen wie beispielsweise vom Bau- und Veterinäramt. Gesamtkosten: rund 108000 Euro. Allein der Wert der ehrenamtlichen Arbeiten, die in der Summe enthalten sind, beträgt rund 38000 Euro. Rund 900 Menschen leben in Leiberstung. Davon unterstützen viele den Laden. Das ist der Hauptgrund für dessen Erfolg.