vom 29.4.2002
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Biologische Schnakenbekämpfung: Anti-Schnaken-Tabletten gibt es kostenlos im Rathaus
"Nur die Weibchen saugen Blut"
 
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Ortsvorsteher Alexander Naber informierte sich vor Ort über den Erfolg der Schnakenbekämpfung. KABS-Mitarbeiter Michael Kinzig und Artur Jöst fanden so gut wie keine Larven mehr in dem behandelten Graben. Foto: so
 
Sinzheim (so) - Bereits vor einigen Wochen kreisten über Leiberstung Hubschrauber - und warfen Eisgranulat ab. Männer streiften durch unwegbares Gelände und brachten die Eiskügelchen mit Spritzen aus. Der Grund: Diese kleinen Eisperlen enthielten den Bacillus thuringiensis israelensis. Das ist ein Bazillus, der die Schnaken schon vor der Entwicklung zu fliegenden Insekten vernichtet, erklärte Norbert Becker, wissenschaftlicher Direktor bei der Kommunalen Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage (KABS), bei einer Bürgerinformationsveranstaltung in Leiberstung.

Leiberstung ist ein kleines Paradies, viel Grün umrahmt den Ort. es gibt ausgedehnte Feuchtwiesen, schwärmte Norbert Becker. Doch nicht nur für die Menschen ist so viel Natur herrlich, sondern auch die Schnaken fühlen sich unter solchen Bedingungen wohl. Und das bedeutet: Alljährlich wird Leiberstung im Sommer von einer regelrechten Stechmücken-Invasion heimgesucht.

Doch in diesem Sommer sollen die Leiberstunger von den lästigen Schnaken verschont bleiben. Die Gemeinde Sinzheim ist seit dem vergangenen Jahr -  nach einigen Jahren Pause, weil Bühl sich weigerte, gegen die Schnakenplage vorzugehen -  wieder bei der Kommunalen Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage dabei.

Im vergangenen Jahr wurden Kartierungsarbeiten über die Brutstätten der Schnaken gemacht, Und in diesem Jahr läuft die biologische Bekämpfung - völlig ohne Gift - auf vollen Touren.

"Die Schnaken-Männchen sind eigentlich nicht das Problem. Sie ernähren sich von Wasser und Tau und saugen Nektar. Aber die Schnaken-Weibchen saugen Blut, führte Becker in die Materie ein. In ein bis zwei Minuten nehmen Schnaken-Weibchen dabei das Dreifache ihres eigenen Körpergewichtes an Blut zu sich.

Doch soweit soll es in diesem Sommer gar nicht erst kommen. Denn schon jetzt sind mehr als 90 Prozent aller Schnaken vernichtet, ermittelten Andreas Arnold, regionaler KABS-Gebietsleiter Nordbaden, Michael Kinzig, Distriktleiter für den Landkreis Rastatt, und Artur Jöst, kommunaler Gebietsbetreuer, bei Stichproben. Der Bazillus thuringiensis israelensis, der 1976 durch Professor Dr. Yoel Margalit in Israel entdeckt wurde, wird von den Schnaken im Larvenstadium gefressen. Der Bazillus bildet Sporen und Eiweißkristalle, die das Protoxin enthalten. Im Klartext heißt das: Im Darm der Schnakenlarven wird das Protoxin in kleinere Eiweißkomponenten abgebaut. der Darm der Mücken wird durchlässig, es entstehen Löcher -  und die Larve kann sich erst gar nicht zu einer fliegenden Schnake entwickeln. Sie stirbt vorher ab.

Wichtig dabei ist allerdings, die rechtzeitige Ausbringung des Wirkstoffes, führte Becker aus. Denn haben sich die Larven erst einmal verpuppt, fressen sie nicht mehr -  dann kann diese Methode nicht mehr wirksam werden. Deshalb ist Eile geboten. Überall, wo die winzig kleine Larven-Würmchen im Wasser zu finden sind. besteht dringender Handlungsbedarf. In Leiberstung wurden bisher vor allem Waldschnaken bekämpft. Die Rheinschnaken spielen eine untergeordnete Rolle.

Aber auch Hausschnaken könnten zu einem echten Problem werden. Deshalb rief Artur Jöst alle Bürger auf, aktiv bei der biologischen Schnakenbekämpfung mitzumachen. Jeder sollte seinen Garten auf potentielle Brutstätten untersuchen. Regentonnen, Zisternen, Altreifen und Planen, Gullys und Lüftungsschächte, in denen sich Wasser sammelt, und vor allem Sicker- und Jauchegruben können eine Schnakenplage im Ort auslösen. Auch Schaukeln aus alten Reifen werden oft unfreiwillig zu Schnaken-Brutstätten, erklärte der Experte. Jeder, der solche Brutstätten hat, kann sich im Leiberstunger Rathaus - die anderen Sinzheimer Ortsteile auch im Sinzheimer Rathaus - Anti-Schnaken-Tabletten kostenlos abholen. Die werden wie Sprudeltabletten einfach in Wasser aufgelöst - schon ist das Problem für die nächsten Wochen gelöst.

Bei größeren Brutstätten schauen sich die KABS-Fachleute das Problem vor Ort an - und töten die Schnakenlarven mit Eisgranulat. Kosten entstehen für die Bevölkerung keine.