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vom 3. Dezember 2003
 
 
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NUR NOCH EIN KAPITEL IN DEN GESCHICHTSBÜCHERN sind das Rathaus und die alte Schule in Leiberstung. Am Montag haben die Abbrucharbeiten begonnen. Foto: Bernhard Margull
 
Bagger radiert Schule und Rathaus aus dem Ortsbild
Abrissarbeiten in der Leiberstunger Ortsmitte haben begonnen
 
Von unserem Redaktionsmitglied Wilfried Lienhard
Sinzheim-Leiberstung. Ein Stück Leiberstunger Geschichte hat der Abrissbagger aus dem Ortsbild radiert. Am Montag haben die Abrissarbeiten an Schule und Rathaus begonnen. An ihrer Stelle sollen drei Einfamilienhäuser entstehen.
 
Im Laufe der Wochen soll der das Ortsbild prägende Gebäudekomplex vollständig verschwunden sein, berichtete der Sinzheimer Bauamtsleiter Wolfgang Schaffrien. Für Abriss und Entsorgung des Materials müssen 28.000 Euro aufgebracht werden. Nach dem Ende der Abrissarbeiten kann nahtlos mit der Bebauung begonnen werden; zwei Grundstücke sind nach Schaffriens Worten bereits verkauft, für das dritte gibt es Interessenten.
 
Den Weg frei gemacht zum Abriss des historischen Gebäudes und der nachfolgenden Wohnbebauung hat der Abschluss zwischen Kirchengemeinde und politischer Gemeinde über die Baupflicht an der Leiberstunger Wendelinuskirche. Die Gemeinde Sinzheim entledigte sich durch finanzielle Leistungen ihrer Baupflicht; in diesem Zuge konnte das Areal um die Kirche neu geordnet und der Bebauungsplan "Dorfacker" neu aufgestellt werden.
 
Die Schule stand schon seit längerer Zeit leer, nachdem 1999 die Kinder und ihre Lehrer einen Neubau am Ortsrand bezogen hatten, Das alte Gebäude stammte aus dem Jahre 1829. und, ketzerisch formuliert, danach war es auch. Manches Mal wurde Kritik laut. So hieß es nach einer Besichtigung Mitte der 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts: "Die Schule ist noch mit lauter alten Bänken versehen, in denen die Kinder schlecht sitzen. Die allmähliche Erneuerung ist dringend erforderlich." Eine Renovierung ist für 1959 belegt. Damals besuchten 57 Schüler die Leiberstunger Schule, die der Acher- und Bühler Bote seinerzeit als "Werk für Generationen" bezeichnete.
 
Doch so lange hielt die Freude nicht. Anfang der 90er Jahre war klar, dass die Grundschule größer werden müsste. Der alte Standort ließ solches aber kaum zu, nur Notlösungen wären denkbar gewesen. Das Oberschulamt Karlsruhe merkte deutlich an, dass an der alten Schule kein Unterricht mehr möglich sei. Als 1999 die Einweihung der neuen Schule gefeiert wurde, kam das Lob des damaligen Ortsvorstehers Paul Frietsch für die Lehrer nicht von ungefähr: "Ein Kompliment, dass sie so lange still hielten."
 
Auch im Rathaus war es im Laufe der Jahrzehnte immer ruhiger geworden. Die Wohnung war verwaist, zuletzt nutzten nur noch Ortschaftsrat und Ortsvorsteher zwei Zimmer. Die Ortsverwaltung und die Bürgervertreter erhalten ihr neues Zuhause im Bürgersaal, bei dessen Umbau sie tatkräftig mit anpackten. Einen ersten Umzug, weg vom Rathaus, hatte es bereits im Frühjahr dieses Jahres gegeben: Die Störche, die ihr Nest von jeher auf dem Dach des Rathauses hatten, erhielten ihr neues Zuhause bei der Wendelinushalle.