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vom 8.10.2004
 
Leiberstunger Idylle mit drei Pferden im Mittelpunkt
Thomas Eckerle und Betina Michalsky-Eckerle verbinden mit ihrem Hobby Westernreiterei die Pflege des Ortsbildes
 
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ZUM LEIBERSTUNGER ORTSBILD GEHÖREN PFFERDE, und Betina Michalsky-Eckerle und Thomas Eckerle sorgen mit ihren Stuten Yemina, Aylina und Ronny dafür, dass das so bleibt. Die drei Pferde stehen das ganze Jahr über auf einer Weide am Ortsrand. Foto: Lienhard
 
Von unserem Redaktionsmitglied Wilfried Lienhard
Sinzheim-Leiberstung. Sanft biegt der Wind das satte Grün auf der Wiese zur Seite: Grünspecht und Stieglitz zwitschern, ab und an schaut ein Storch vorbei. Drei prachtvolle Pferde machen die dörfliche Idylle perfekt -ein Echo aus einer Epoche, als auf dem Dorf die Landwirtschaft den Takt vorgab und die Zeit (von heute aus betrachtet) träge dahin zu fließen schien. Pferde zogen die Wagen hinaus aufs Feld. Pferde zogen den Pflug: Pferde waren auf dem Land die Grundlage der Mobilität. Doch ist das längst Vergangenheit. Das Dorf hat sein Bild verändert: und doch gibt es sie noch, Inseln, auf denen noch anklingt, wie es einst aussah, als das Dorf noch Dorf war. Avlina. Ronny und Yemina, die sich am Leiberstunger Ortsrand auf einem rund drei Hektar großen Gelände tummeln, werden vor keinen Pflug gespannt, und doch tragen sie zum ländlichen Charme der Szene bei. "Das soll hier möglichst schön aussehen", sagt Thomas Eckerle, der 1998 gemeinsam mit seiner Frau Betina Michalsky-Eckerle dieses kleine Pferde-Paradies zu schaffen begann. "Hier kommen viele Leute vorbei, ein paar Meter weiter liegt ja auch das Damwild-Gehege".

Es ist eine Geschichte von wechselseitigem Nutzen: Der damalige Ortsvorsteher Paul Frietsch habe das Vorhaben nach Kräften unterstützt, die Nachbarn ebenso, und Landwirte verpachteten ihre Wiesen - und sind heute froh darüber, dass sie tadellos gepflegt werden. Die Hilfe dankten die Pferdefreunde, indem sie ein pittoreskes Bild schufen, das sich harmonisch in die Umgebung einfügt und auch die große Pferde-Tradition in Leiberstung fortführt. 
 
Zwei der drei Pferde werden am Sonntag beim Wendelinus-Ritt dabei sein. Und nicht nur das: Yemina, die jüngste der drei Stuten und Tochter von Ronny' der Leitstute in der Herde, ist das letzte Pferd, das in Leiberstung zur Welt kam.

Es war am 28. Dezember 1998 im Stall von Alfons Frietsch - auch das ein Zeichen für das Miteinander im Sinzheimer Teilort. In dieser Phase war der Stall die Heimat die Pferde; ansonsten aber ist es die Weide. "Offenstall-Pferde" heißen sie deshalb; das ganze Jahr über stehen sie in einer der vier Koppeln: "Das ist die ökologischste Art, Pferde zu halten", sagt Eckerle. Und wenn das Wetter einmal ganz miserabel wird, können die Tiere Zuflucht in Boxen finden, die Eckerle errichtet hat.

Obstbäume pflanzte das Ehepaar, Weiden, ein Übungsplatz (Round-Penn) wurde angelegt, ein Stall gebaut. Und weil Thomas Eckerle im Baden-Badener Rathaus Koordinator für die Lokale Agenda 21 und so fast schon zur Nachhaltigkeit verpflichtet ist, kommt Strom von Solarzellen auf Stall und Unterstand. Eine perfekte Symbiose aus Technik und Natur, aus altem und neuen Dorf: Auf dem Dach ist die Technik montiert, unterm Dach nisten Schwalben. "Neun jungen Schwalben haben wir in diesem Jahr gehabt", freut sich Eckerle.

Erinnerungen an die Kindheit drängen sich ihm auf: die Landwirtschaft kennt er schließlich von Kindesbeinen an. Zu Hause in Eckartsweier lernte er früh den Umgang mit Tieren: zu reiten begann er sechsjährig - allerdings nicht auf einem Pferd, sondern auf dem Esel eines Schäfers.
 
Heute reitet er auf einer der drei Stuten, und zwar als Westernreiter. Seine Frau hat die Westernreiterei bei einer Freundin kennen gelernt, die in Stühlingen Pferde züchtete; die Begeisterung übertrug sich auf den Ehemann. "Westernreiterei kommt von den Cowboys, das ist Gebrauchsreiterei", erklärt Michalsky-Eckerle. "Hier hat alles einen praktischen Hintergrund, die Ausrüstung ist anders, die Ausbildung der Pferde auch. Beim englischen Reiten findet sich dagegen mehr Eleganz in Ausrüstung und Reitstil.

Zwei der drei Pferde - die Haib-Araberstute Yemina und die Araber-Stute Avlina - wurden eigens ausgebildet auf der Freestvle-Ranch von Europameister Georges Maschalani im Odenwald. Wettbewerbsambitionen haben die Leiberstunger Westernreiter indes nicht. "das ist reines Hobby" - und zwar ein zeitintensives. Deshalb wird es wohl auch bei drei Pferden bleiben, auch wenn das Gelände Platz für "Zugänge" bieten würde. 80 Prozent, sagt Eckerle, sind Arbeit, 20 Prozent Vergnügen. Gleichwohl: Das Ehepaar genießt die Zeit mit seinen Pferden. "Ich gewinne hier Abstand vom Büro. Wenn ich drei bis vier Stunden im Stall bin, habe ich Ausgleich und brauche kein Fitness-Studio", sagt Thomas Eckerle. und seine Frau fügt lachend hinzu: "Ich habe hier jeden Tag zwei, drei Stunden Urlaub."